Im Ayurveda geht es immer um die Balance und den Ausgleich. So geht die traditionelle Wissenschaft von einem guten und gesunden Leben davon aus, dass in einer Mahlzeit alle sechs Geschmäcker enthalten sein sollten. Ist das so, erleben wir nach den Mahlzeiten ein ausgeglichenes und zufriedenes Gefühl und verspüren keinen Hunger mehr, auch wenn wir nicht üppig gegessen haben. Fehlt eine der sechs Geschmacksrichtungen in einer Mahlzeit, überkommt uns ein Verlangen nach dem fehlenden Geschmack und unser Hunger- und Sättigungsgefühl gerät aus dem Gleichgewicht

Dabei geht der Ayurveda davon aus, dass die Geschmäcker sowie der Mensch als solches aus einer Kombination der fünf Naturelemente Erde, Feuer, Wasser, Luft und Äther – der sogenannten Mahabhutas – besteht. Die sechs Geschmacksrichtungen, die Rasas, sind Kombinationen der Elemente und werden im Einzelnen so beschrieben:

● süß – madhura
● sauer – amla
● scharf – katu
● salzig – lavana
● sitter – tikta
● serb – kashaya

Die 5 Elemente als Basis:

Das Prinzip der Gleichartigkeit von Mensch und Welt beruht also auf der Wechselbeziehung zwischen uns und unserer Umwelt. So beeinflusst uns alles, was wir mit unseren Sinnen aufnehmen, denn es besteht wie wir selbst auch aus den fünf Elementen. Dementsprechend sind die sechs Geschmäcker im Ayurveda sind eng mit den Doshas verbunden. Neben den sechs Geschmäckern wird im Ayurveda noch zwischen drei Arten von Geschmacks-Prinzipien unterschieden:

● Rasa – der Geschmack vor der Verdauung
● Virya – das geschmackliche Empfinden während der Verdauung
● Vipaka – der Geschmack nach der Verdauung

Interessant zu wissen ist, dass Vipaka, die Wirkung der Nahrung meint, die diese nach der Verdauung auf unseren Körper und unsere Gewebe hat. Denn diese ist nicht immer die gleiche, wie der eigentliche Geschmack auf der Zunge. Vipaka unterscheidet nur zwischen süß, sauer und scharf. Generell haben die Geschmacksrichtungen süß und salzig einen süßen Vipaka, saure Nahrungsmittel einen sauren Vipaka und scharf, bitter und herb einen scharfen Vipaka.
Allerdings gibt es Ausnahmen: So haben Bananen beispielsweise einen süßen Geschmack auf der Zunge, aber einen sauren Vipaka, weshalb Pitta-Konstitutionen sie eher meiden sollten. Auch der Granatapfel weist eine Besonderheit auf: So hat er zwar einen herben, zusammenziehenden Geschmack beim Genuss, aber einen süßen Vipaka. 

Die Geschmäcker im Überblick:

Süß – Madhura
Lebensmittel, die einen süßem Geschmack haben, bestehen vor allem aus den Elementen Erde und Wasser, womit die den Elementen gleichen, aus denen sich das Kapha-Dosha zusammensetzt. Nehmen wir süße Nahrung zu uns, bauen wir damit Kapha auf und reduzieren Vata und Pitta. Den süßen Lebensmitteln werden kühlende und nährende Eigenschaften zugeordnet, womit wir in richtiger Menge Stabilität, Erdung, gesunde Haut, kräftige Haare und gesunde Körpergewebe unterstützen. Im Übermaß konsumiert, laufen wir Gefahr, dass sich in Folge des resultierenden Ungleichgewichts Übergewicht, Trägheit und Müdigkeit bemerkbar machen. Zu den süßen Lebensmitteln zählen die meisten Getreidesorten, Reis, Milch, Käse, Datteln, süßes Obst und süße Gemüsesorten, Nüsse, Zucker, Reis, Milch, Fenchel, Süßholz, Honig etc.
Madhura gilt als der wichtigste Geschmack von allen, er kühlt kühlt Pitta, beruhigt Vata und vermehrt Kapha.

● Rasa: süß
● Virya: kalt
● Vipaka: süß

Sauer – Amla

Sauer schmeckende Lebensmittel bestehen vor allem aus den Elementen Erde und Feuer, womit sowohl Pitta als auch das Kapha-Dosha erhöht und Vata reduziert wird. Saure Lebensmittel haben energetisch eine erhitzende Wirkung und können im richtigen Maße, eine gute Verdauung und Ausscheidung unterstützen und die Sinne schärfen. Schlagen wir mit saurem über die Stränge, kann das zu starkem Durst, Hautproblemen, Ausschlag, Sodbrennen und Gereiztheit führen. Zu den sauren Lebensmitteln gehören unter anderem Zitrusfrüchte, Joghurt, Hartkäse, Tomaten, saures Obst, sauer vergorene Produkte und Wein.

● Rasa: sauer
● Virya: heiß
● Vipaka: sauer

Salzig – Lavana
Lebensmittel, die einen salzigen Geschmack haben, bestehen hauptsächlich aus Feuer und Wasser und damit aus den gleichen Elementen wie Pitta. Salzige Lebensmittel wirken energetisch erhitzend, erhöhen Pitta, beruhigen Vata und nähren Kapha. Zu ihnen gehören Steinsalz, Meersalz, Himalaya-Salz, Algen, Seetang und Sojasoße. Im Ayurveda wird allgemein die Verwendung von Steinsalz empfohlen.

● Rasa: salzig
● Virya: heiß
● Vipaka: süß

Scharf – Katu
Für Lebensmittel mit scharfem Geschmack sind Feuer und Luft die prägenden Elemente, wodurch bei Verzehr im Übermaß Pitta und Vata erhöht und Kapha reduziert wird. Sind scharfe Lebensmittel in der richtigen Dosis Teil des Speiseplans, unterstützen sie den Stoffwechsel, helfen bei allen organischen Funktionen und erwecken die Sinne, denn sie wirken energetisch erhitzend, leicht und trocken. Übertreiben wir es mit den scharfen Komponenten, können Durchfall, Hitze und Erschöpfung die Folge sein. Energetisch wirken diese Lebensmittel erhitzend, leicht und trocken. Zu den scharfen Lebensmitteln zählen Chili, Pfeffer, Rettich und Meerrettich, Paprika, Senfsaat und Radieschen sowie Kümmel und Kardamom.

● Rasa: scharf
● Virya: heiß
● Vipaka: scharf

Bitter – Tikta
Bitter schmeckende Lebensmittel setzen sich hauptsächlich aus Luft und Äther zusammen und weisen damit dieselbe Zusammensetzung wie das Vata-Dosha auf. Bittere Nahrung gilt energetisch als kühl, trocken und leicht, kann Vata also erhöhen, Pitta kühlen und Kapha reduzieren. Die zusammenziehende Wirkung bitterer Lebensmittel kann uns helfen, Gewicht zu reduzieren und Gewebe abzubauen, denn ihnen werden reinigende und antibakterielle Wirkungen auf den Körper zugeschrieben. Doch auch hier gilt es Maß zu halten – ein Zuviel an bitteren Lebensmitteln kann zu Schwäche, Trockenheit und Müdigkeit führen. Zu den bitteren Lebensmitteln gehören Artischocken, Blattgrün, Hopfen, Löwenzahn, Disteln, Chicoreée, Salate, Kakao, Kaffee, Kurkuma und Bockshornkleesamen.

● Rasa: bitter
● Virya: kalt
● Vipaka: scharf

Herb – Kasaya
Das wesentliche Element herber Lebensmittel ist Luft in Kombination mit etwas Erde, womit herbe Lebensmittel vor allem das Vata-Dosha erhöhen und Kapha und Pitta reduzieren. Die energetisch kühl, trocken und leicht wirkenden, bitteren Lebensmittel helfen im richtigen Maße genossen, Hautkrankheiten, Verschleimungen und Fieber zu heilen, unterstützen bei allen Entgiftungsprozessen und reinigen das Blut. Ein Zuviel an herben Lebensmitteln führt hingegen zu Gewebeabbau, Trockenheit und anderen typischen Vata-Störungen. In die Kategorie der herben Lebensmittel gehören alle Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an Gerbstoffen wie unreife Bananen, grüne Bohnen, schwarzer Tee, Rhabarber, Kichererbsen, Salat, junger Honig, Buchweizen, Maismehl, Granatapfel, Salbei, Quitte, Schlehe, Himbeerblätter, Asafoetida, Aloe Vera, Johanniskraut, Süßholz und Kurkuma.

● Rasa: zusammenziehend
● Virya: kalt
● Vipaka: zusammenziehend

Tipps für die geschmackliche Balance im Alltag:

● Zu jeder Mahlzeit sollten alle sechs Geschmäcker auf dem Teller zu finden sein und zwar idealerweise in der Gewichtung süß, sauer, salzig, scharf, bitter und herb, denn in dieser Reihenfolge werden die Lebensmittel auch verdaut.

● Dem Grundsatz ‘Gleiches verstärkt Gleiches’ folgend ist es für Vata-Konstitutionen ratsam, vor allem süße, saure und salzige Lebensmittel zu essen, für Pitta-Konstitutionen empfehlen sich vorwiegend herbe, bittere und süße Nahrung und für Kapha-Konstitutionen sind herbe, bittere und scharfe Lebensmittel die beste Wahl.

● Unsere Dosha-Verhältnisse unterliegen vielen Einflüssen wie unserem Alter, den Jahres- und Tageszeiten und ähnlichem. Ist es im Außen kalt und windig, benötigen wir mehr süße, energiespendende und aufbauende Vata-Nahrung. Ist es im Außen tropisch warm, haben wir eher Appetit auf frische Früchte und Rohkost. Das Hören auf die eigenen Bedürfnisse, das Einordnen und das Nachgeben unterstützt uns zuverlässig, uns geschmacklich rundum gut zu versorgen.